1990 tauchte ein Bild der geschändeten Kippenheimer Synagoge aus dem Nachlass eines Schwarzwilder Fotografen auf. Das kleinformatige Foto (6cm x 9cm) wurde wahrscheinlich am 10. November 1938, am Tag des Novemberpogroms, von der Empore an der Westseite aus aufgenommen. Direkt vor dem Toraschrein an der Ostseite der Synagoge stehen drei Männer. Die zwei, noch recht jungen Männer rechts und in der Mitte, könnten Angehörige der Lahrer Gebietsführerschule der Hitler-Jugend sein. Beide tragen Werkzeuge (Pickel). Alle drei Männer lachen. Außerdem erkennt man Zwischen den Trimmerteilen vier Kinder, die sich die Zerstörungen ansehen. Auf dem Bild ist deutlich zu sehen, dass die Holzbänke des Mittelganges, womöglich auch die Bänke der Frauenempore in den Betsaal hinab geworfen wurden. Der Vorhang des Thoraschreins fehlt, die Halterung für die Torarollen sind leer, die Deckenlampen herabgestoßen.
Anfang November 1938 umfasste die israelitische Gemeinde noch etwa ZO Personen. Diese wurden Ziel des sog. Novemberpogroms am 10. November 1938. Am frühen Morgen wurden die jüdischen Männer verhaftet. Den Befehl erteilte die Gestapo-Außenstelle in Offenburg. Der Synagogenvorsteher Hermann Wertheimer wurde in die Synagoge geschleppt, wo man ihn zwang, die Akten der jüdischen Gemeinde herauszugeben. Kurze Zeit später kamen etwa 30-40 Angehörige der Lahrer HJ-Gebietsführerschule in das Dorf und demolierten den Innenraum der Synagoge, zertrümmerten das Inventar und warfen Bücher sowie Ritual- und Einrichtungsgegenstände auf die Strafe. Im Rathaus wurden Gegenstände aus der Synagoge zusammengetragen, die man anschließend in den seit 1937 als NSDAP-Kreisschule genützten Tretenhof nach Seelbach brachte.
Die verhafteten Kippenheimer Juden wurden zusammen mit Juden aus Schmieheim und Altdorf bis zum frühen Nachmittag auf dem Kippenheimer Rathaus festgehalten und dann gezwungen, den fünf Kilometer langen Marsch (über die Landstraße nach Lahr anzutreten. Vor dem Abmarsch wurden sie gedemütigt und misshandelt. Einigen stülpte man ihre, zuvor mit Wasser gefüllten, Hüte über den Kopf, andere sollen in die entwendeten Torarollen eingewickelt worden sein. In Lahr wurden die Kippenheimer Juden mit den anderen jüdischen Männern aus dem Landkreis im Gebäude der Milchzentrale in der Kaiserstraße festgehalten. Abends um 20.00 Uhr brachte die Schutzpolizei sie an den Bahnhof Lahr-Dinglingen, von dort aus wurden sie mit dem Zug zum Konzentrationslager Dachau transportiert, von wo sie erst nach mehreren Wochen wieder entlassen wurden. Nach Berichten von Zeitzeugen sollen die Nationalsozialisten einige der geraubten Torarollen aus der Kippenheimer oder Schmieheimer Synagoge im Bahnhof (Lahr-Dinglingen) aufgehängt haben.
Zwei Wochen nach dem Pogrom kehrte der NSDAP-Kreisleiter Burk noch einmal zu der verwüsteten Synagoge zurück und befahl dem Kippenheimer Bürgermeister Spielmann sowie zwei Handwerkern die Gesetzestafeln vom Giebel der Synagoge zu stürzen. Möglicherweise vermutete er dort versteckte Unterlagen der jüdischen Gemeinde. Das Bezirksamt Lahr wies wenige Tage nach dem Pogrom darauf hin, dass die Synagoge, in ihrem Äußeren eine Reihe von Schaden (aufweist), die auf die Dau- er nicht belassen werden können” und setzte der jüdischen Gemeinde Kippenheim ein Ultimatum von vier Wochen, binnen denen sie die Schäden auf eigene Kosten beseitigen sollte.
Am 22. Oktober 1940 wurden die Mitglieder der jüdischen Gemeinde Kippenheim wie auch die anderen badischen Juden in das Lager Gurs in Südwestfrankreich deportiert. Die politische Gemeinde Kippenheim, die die verwaiste Synagoge als „Schandfleck” bezeichnete, betrieb ihren Abriss, um auf dem frei gewordenen Grundstück einen Aufmarschplatz einrichten zu können. Dagegen wandte sich der Lahrer Landrat Strack, der das Gebäude dem Landwirtschaftlichen Konsum- und Absatzverein zur Verfügung stellen wollte. Um diesem den Erwerb zu erleichtern schlug er vor: ,Wenn man den Vorderbau der Synagoge mit den beiden Türmen abreißt, bleibt eine sehr geräumige Halle übrig, die nach Einbau eines zweiten Stockwerks und Vorbau eines abschließenden Giebels mit geeigneter Dachgestaltung für die Absatzgenossenschaft ein sehr geräumiges Anwesen ergeben würde.[..] Bei einer angemessenen äußeren Gestaltung dürfte gegen eine Verwendung seitens der Absatzgenossenschaft ein psychologisches Bedenken wohl kaum geltend gemacht werden können .." Der Krieg verhinderte die Ausführung dieser Plane. 1943 übernahm die Reichsfinanzverwaltung das gesamte Anwesen.