Familie von Hirsch auf Schloss Ortenberg

1697 wurde die Reichsburg Ortenberg von den französischen Truppen Ludwigs XIV. zerstört. 1838 erwarb Baron Gabriel von Berckholz (1781– 1863) aus Lettland die Ruine und beauftragte den Karlsruher Architektur-Professor Friedrich Eisenlohr (1805–1854) mit der Planung eines neuen Schlosses. Die Bauleitung übertrug dieser seinem Freiburger Schüler Georg Jakob Schneider (1809–1883), dem späteren Erbauer der Kippenheimer Synagoge. Die Gebäude weisen architektonische Ähnlichkeiten auf. 1889 wurde Freiherr Theodor von Hirsch von Planegg (1938–1916) b. München Eigentümer des Schlosses. Die jüdische Familie von Hirsch stammte aus Niederfranken. Ihr Ahnherr Jakob von Hirsch (1764–1840) hatte dort die Grundherrschaft Gereuth ersteigert. In den dazugehörigen katholischen Dörfern besaß er das Recht, den Pfarrer und den Ortsrichter einzusetzen. Der König von Bayern verlieh dem Großhändler und Hofbankier auf seine Bitte hin das Adelsprädikat.

 Theodor von Hirsch war verheiratet mit Alice Pilié (1846–1932), einer in New Orleans geborenen Amerikanerin. Die Familie verbrachte den Winter in Paris und wohnte im Sommer auf Schloss Ortenberg. Tochter Diana (1873–1932) war 1873 in der Schweiz zur Welt gekommen, Sohn Harold hatte 1881 in Paris das Licht der Welt erblickt und besaß die französische Staatsbürgerschaft. Die Baronin war katholisch. In der Ortenberger Pfarrkirche stand der Familie ein eigenes Gestühl zur Verfügung. Zu den Sonntagsgottesdiensten soll sie mit ihren Bediensteten immer erst nach der Predigt erschienen sein. Der Baron war bekannt für seine Wohltätigkeit. Zu Weihnachten spendierte er regelmäßig 500 Mark für die Armen des Ortes. Der Gemeinde Ortenberg vermachte er einen Stiftungsbetrag, dessen Zinsen für die Ortsarmen bestimmt waren. 1897 stiftete er für die Katholische Pfarrgemeinde anlässlich der Hochzeit seiner Tochter eine neue Orgel. Als Dank für seine Wohltätigkeiten verlieh ihm die Gemeinde Ortenberg 1897 die Ehrenbürgerschaft. Von Hirsch liebte die Jagd. An seinen Hunden hing er so sehr, dass er sie nach ihrem Verenden auf dem eigens reservierten Hundefriedhof begraben ließ. Den Eingang zur Oberburg zierten fortan zwei stolze Hunde in Bronze. Theodor von Hirsch starb am 5. September 1916 auf Schloss Ortenberg. Die Urne mit seiner Asche ist verschollen. Im Testament hatte er seine Frau Alice als Erbin des Schlosses eingesetzt. Sie ließ nach dem Tod ihres Mannes eine weibliche Trauerfigur anfertigen, die nach einem zeitweiligen Verschwinden heute wieder in der Grabkapelle des Jakobsturmes steht.

1932 starb Alice von Hirsch. Ihr Herz wurde in der Grabkapelle aufbewahrt. Den Besitz hatte sie an ihre Tochter Diana übertragen. Der in Genf lebende Sohn verzichtete zugunsten seiner Schwester auf den Schlossbesitz. Diana war in Nürnberg mit dem deutschen Offizier Philipp von Brand zu Neidstein verheiratet. Den Sommer verbrachte sie auf Schloss Ortenberg, den Winter in ihrem Wohnhaus in Krailling bei München.

Obwohl Diana von Brand nach der antisemitischen Propaganda der Nationalsozialisten als „Halbjüdin“ galt, spendete sie für deren Winterhilfswerk Kinderkleider, Wäsche und Lebensmittel. Gleichzeitig war sie aber auch Gastgeberin für die katholische Gruppierung „Neudeutschland“, die dem Nationalsozialismus kritisch gegenüberstand und verboten war. Die von ihr eingerichtete Lourdes-Grotte wurde von Nazianhängern geschändet, die Madonna mit Farbe beschmiert. Nach dem Novemberpogrom 1938 verließ sie Ortenberg und zog sich dauerhaft nach Krailling zurück.1942 übertrug sie das Schloss an ihre Kinder Eleonora und Philipp, die sich aber auf Druck der Behörden verpflichten mussten, den gesamten Grundbesitz an den Reichsverband Deutsche Jugendherberge e. V. zu verkaufen. Nach dem Zweiten Weltkrieg forderte Diana von Brand das Schloss zurück. Ohne Erfolg. Das Gericht war der Meinung, der Verkauf sei rechtens gewesen. Ihr Sohn Philipp von Brand zu Neidstein (1899–1973) stand während der NS-Herrschaft unbehelligt im diplomatischen Dienst. 1965 trat er als Leiter der Bayerischen Staatskanzlei in den Ruhestand. Dagegen war sein Bruder Theodor (1899–1978) wegen seiner jüdischen Herkunft aus dem Hamburger Tropeninstitut entlassen worden. Er wanderte daraufhin in die USA aus. 1978 wurde ihm die Robert-Koch-Medaille in Gold verliehen.

 

Dieter Petri

Vollmer, Franz: Das neue Schloß Ortenberg. 1838-1988, Ortenberg 1988.

Angaben des Heimatforschers Hermann Bürkle, Ortenberg.

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