Kurt Salomon Maier (geb. 1930) – ein jüdischer Kippenheimer

Kurt Salomon Maier ist einer der letzten Zeitzeugen aus Baden, welche die Deportation nach Gurs und die drohende Vernichtung in Auschwitz überlebt haben. Jährlich reist er aus den USA nach Baden und in seinen Geburtsort Kippenheim, wo er – sehr oft vor Schulklassen und Jugendgruppen – Vorträge über seine Kindheit in Kippenheim und die Deportation hält. Drei Orte bzw. Stationen haben sein Leben geprägt: sein Heimatdorf Kippenheim, das Lager Gurs und die USA.

Am 4. Mai 1930 wurde Kurt Salomon Maier in Kippenheim geboren. Sein Vater war der Kaufmann Siegfried Maier (1897–1958); seine Mutter Charlotte, geb. Auerbacher (1902–1979) betrieb in Kippenheim ein Kolonialwarengeschäft in der Querstraße. Sie verkaufte dort Kaffee, Tee, Zucker u. a. Der Vater reiste in der Region als Stoffverkäufer umher. Die Familie führt ein bescheidenes Leben. Kurt Salomon Maier bezeichnet seine Jugend in Kippenheim als glücklich und harmonisch – zumindest bis der Naziterror das Leben der jüdischen Bürger zu vergiften begann. Die meisten seiner Spielkameraden im Dorf waren Christen und er erlebte in den ersten Jahren der NS-Herrschaft keine Ausgrenzung. Auch der Besuch des evangelischen Kindergartens war selbstverständlich.

Doch das änderte sich. Nach der Reichspogromnacht im November 1938 musste er mit seinem älteren Bruder Heinz (geb. 1927) die Kippenheimer Schule verlassen und in die Freiburger „Judenschule“ (heute Lessingschule) wechseln. Nur noch zum Schabbat kamen die Brüder nach Hause. Als am 22. Oktober 1940 die Familie Maier im Rahmen der sogenannten „Wagner-Bürckel-Aktion“ deportiert wurde, ließ man Kurt und seinen Bruder Heinz frühmorgens mit dem Taxi von Freiburg nach Lahr bringen, damit die Familie bei der Deportation nicht getrennt wurde. Von der Verladung der Kippenheimer Juden am 22. Oktober 1940 auf die bereitstehenden Lastwagen sind Jahrzehnte später Fotos aufgetaucht. Auf einem dieser Bilder ist der zehnjährige Kurt Maier zu erkennen, wie er mit seinem Vater zu einem der Lastwagen geht.

In seiner 2011 erschienenen Autobiografie „Unerwünscht. Jugend und Kindheitserinnerungen eines jüdischen Kippenheimers“ beschreibt Kurt Maier ausführlich seine Jugendzeit und seine Erlebnisse im Lager. Während sein Großvater Hermann Auerbacher (1867–1940) kurz nach der Ankunft im Lager an einem Schwächeanfall starb, konnte im Frühjahr 1941 der Rest der Familie Maier dank eines Visums für die USA und mithilfe amerikanischer Verwandter Gurs verlassen. Über Marseille und Casablanca erreichten alle Anfang 1939 New York.

Von 1952 bis 1954 absolvierte Kurt Salomon Maier seinen Militärdienst bei der 2. Panzerdivision der amerikanischen Armee in Baumholder im Hunsrück. Von 1957 bis 1961 studierte er deutsche Literatur und Geschichte in New York und setzte sein Studium von 1963 bis 1964 an der Freien Universität in Berlin fort. 1969 erfolgte die Promotion. Im Anschluss unterrichtete er Deutsch an verschiedenen Colleges. Von 1975 bis 1978 war er als Bibliothekar am „Leo Baeck Institute“ in New York tätig, dem umfangreichsten Archiv deutsch-jüdischer Lebenserinnerungen und Nachlässe. Seit 1978 arbeitet Kurt Maier als Bibliothekar in der Abteilung für deutsche Geschichte und Literatur der Library of Congress in Washington. Er publizierte verschiedene wissenschaftliche Schriften über deutsche Literatur und schrieb Theaterstücke und Kurzgeschichten.

Kurt Salomon Maier will das, was er in Nazi-Deutschland erleben musste, weder vergessen noch verzeihen. Trotzdem kommt er seit vielen Jahren gerne in seine alte Heimat, in der er mehr Freunde hat als in Washington D. C., wie er erklärt. Die Menschen, denen er anlässlich seiner zahlreichen Vorträge in Schulen und Kirchengemeinden begegnet, vor allem die jungen, verkörpern für ihn ein anderes, neues Deutschland. Der Erfolg des „Ökumenischen Jugendprojekts Mahnmal zur Erinnerung an die am 22. Oktober 1940 deportierten badischen Jüdinnen und Juden“ in Neckarzimmern ist maßgeblich auf sein Engagement zurückzuführen.

Am 8. Mai 2010 überreichte ihm der damalige Ministerpräsident Stefan Mappus im Ordenssaal des Ludwigsburger Schlosses den Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg. Kurt Maier erhielt den „Landesorden“ als Förderer des „Ökumenischen Jugendprojektes Mahnmal“ und für seinen „persönlichen Einsatz gegen das Vergessen“-

 

Bernd Rottenecker

Literatur

Maier, Kurt Salomon: Unerwünscht: Kindheits- und Jugenderinnerungen eines jüdischen Kippenheimers. Heidelberg, Übstadt-Weiher [u.a.] 2011

Post, Rudolf/Scheer-Nahor, Friedel: Kippenheimer Jüdischdeutsch. Zur Sprache südbadischer Landjuden — ein Gespräch mit dem aus Kippenheim stammenden Dr. Kurt Maier. In: Die Ortenau 2005, 5. 365-378

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