Isaak Blum (1833–1903) – Biologe

Nicht nur in seinem Geburtsort Diersburg, wo Isaak Blum am 11. April 1833 zur Welt kam, sondern auch an seinem langjährigen Wirkungsort Frankfurt a. M. als Lehrer und Wissenschaftler war Isaak Blum bis in die jüngste Zeit hinein weitgehend unbekannt. Das liegt sicher zum Teil auch daran, dass seine 1897 verfassten Lebenserinnerungen mit seinem gesamten persönlichen Nachlass verschollen sind. Erst der Freiburger Historiker Uwe Schellinger entriss Isaak Blum der Vergessenheit. 2000 verfasste er einen biografischen Aufsatz über Blum für ein vom Historischen Verein Mittelbaden, Ortsgruppe Hohberg, herausgegebenes Buch über die Diersburger Juden. 2009 benannte die Gemeinde Hohberg eine Straße nach Isaak Blum; allerdings erhielt nicht eine Straße in seinem Geburtsort Diersburg seinen Namen, sondern eine Straße im Gewerbegebiet des Ortsteiles Hofweier.>

Isaak Blum war das dritte Kind der Eheleute Sarah Lang aus Nonnenweier und Zadok Blum aus Diersburg, der in Diersburg u. a. als Chasan (Vorsänger) tätig war. Von 1839 bis 1844 besuchte Isaak Blum die jüdische Gemeindeschule im Diersburger Judenviertel (Judenstadt). Bereits im Alter von elf Jahren schickten ihn seine Eltern 1845 in das unterelsässische Dorf Schirrhofen, wo er eine streng orthodoxe Talmudschule besuchte. Durch intensives Torastudium und einfache Lebensweise sollte er wohl auf eine Zukunft als Rabbiner vorbereitet werden. Bald entdeckte Isaak Blum, der in der Talmudschule ausschließlich mit hebräischer Literatur in Berührung kam, deutschsprachige Autoren und weltliche Lehrbücher, die er nächtens heimlich verschlang. 1848 besuchte Isaak Blum die höhere Bürgerschule in Breisach, was für ihn sicher eine enorme Herausforderung bedeutete, da er alle weltlichen Bildungsinhalte, die in der Schirrhofener Talmudschule nicht angeboten wurden, nachholen musste. Weil ihm der weitere Besuch der höheren Bürgerschule wegen fehlender finanzieller Mittel nicht mehr möglich war, bereitete er sich im heimatlichen Diersburg mithilfe des dortigen Lehrers und eines Pfarrers privat auf den bürgerlichen Lehrerberuf vor.

Ab April 1849 besuchte Isaak Bum das evangelische Lehrerseminar in Karlsruhe, das auch jüdische Studenten ausbildete. Nach erfolgreichem Abschluss des Seminars nahm er eine Tätigkeit als Hilfslehrer an der israelitischen Schule in Karlsruhe an. 1856 zog der 23-jährige Pädagoge nach Frankfurt a. M., wo er eine Anstellung als Lehrer am Frankfurter Philanthropin (bedeutet „Stätte der Menschlichkeit“) erhielt. Diese liberale jüdische Schule wurde von dem Pädagogen und Reformpolitiker Sigismund Stern (1812–1867) geleitet und hatte – was damals noch ungewöhnlich für eine jüdische Schule war – Naturwissenschaften und Sprachen als Unterrichtsschwerpunkte. Während seiner Tätigkeit am Philanthropin unterrichtete Isaak Blum hauptsächlich Naturwissenschaften und Französisch. In dieser Phase seines pädagogischen Schaffens legte er eine umfangreiche naturwissenschaftliche Materialsammlung an, die den Grundstock für das „Naturhistorische Kabinett“ der Philanthropin bildete. 1862 wurde der bisherige Schutzjude Isaak Blum im Gefolge des Badischen Gleichstellungsgesetzes vollberechtigter Bürger des Großherzogtums Baden; 1863 wurde er in den Frankfurter Bürgerverband aufgenommen. Im gleichen Jahr heiratete er Lea Riesser (um 1821–1887).

Relativ spät – im Alter von 47 Jahren – begann Isaak Blum im Zusammenhang mit seiner Mitgliedschaft (ab 1868) in der Frankfurter „Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft“ wissenschaftliche Arbeiten zu publizieren. Seine Schwerpunkte waren hier die Gebiete Zoologie und Botanik: vor allem für die Erforschung von Schnecken und Schlangen hat er wichtige Beiträge geleistet. Isaak Blums 1865 geborener Sohn Ferdinand Blum (1865–1959), ein bekannter Mediziner und Biologe, entdeckte 1893 die gewebehärtende Eigenschaft von Formaldehyd, das zur Fixierung biologischer Präparate zum Mikro skopieren gut geeignet war. Isaak Blum machte das Formol (Formalin) zur Konservierung von Tierpräparaten und Tiersammlungen bekannt und löste den dahin für solche Zwecke verwendeten Alkohol ab. Nachdem Isaak Blum aus gesundheitlichen Gründen seine Lehrertätigkeit am Philanthropin 1892 aufgeben musste, verstärkte er seine wissenschaftliche Tätigkeit und sein Engagement in der Senckenbergischen Gesellschaft. In der ca. 500 Mitglieder zählenden Organisation nahm er wichtige Ehrenämter wahr, u. a. auch das des I. und II. Direktors. Am 25. April 1903 starb Isaak Blum.

Ein Jahr nach seinem Tod veranstaltete die Senckenbergische Gesellschaft im großen Hörsaal eine Gedenkveranstaltung zu seinen Ehren; Isaak Blum wurde nach der feierlichen Enthüllung einer lebensgroßen Marmorbüste zum „ewigen Mitglied“ der Gesellschaft ernannt.

 

Bernd Rottenecker

Literatur

Schellinger, Uwe: Vom Land in die Stadt, oder: Vom Talmud zur Kreuzotter. Leben und Wirken des jüdischen Gelehrten Isaak Blum (1833-1903) aus Diersburg. In: Diersburg. Die Geschichte einer jüdischen Landgemeinde 1738-1940, hg. vom Historischen Verein für Mittelbaden, Haigerloch 2000

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